Sea Fury (oder in den Details liegen die Stunden!)

Vorgeschichte

Vor Jahren schenkte mir Vereinskollege Erich (nochmals merci Erich!) einen 5-Zylinder-Sternmotor von Saito FA-325R5D mit Ringschalldämpfer. Da ich aber zu der Zeit mit meiner 45. Eigenkonstruktion, dem 1:3 Segler Spyr 5a beschäftigt war wurde das Ding also erstmal nur begutachtet und dann konserviert. Eine Eigenbau-Zelle für diesen wunderschönen Motor wäre meine 46. Eigenkonstruktion, schien mir aber zu aufwendig. Also suchte ich in der Zwischenzeit gemütlich ein passendes ARF-Modell.
Jetzt in der Corona-Zeit fasste ich den Entschluss das Projekt endlich anzugehen.

Um den wunderbaren Motor zum Laufen zu bringen musste der Schalldämpferring
repariert (danke Hugo!) und ein neuer Vergaser (das Gehäuse war gebrochen) montiert werden. Einen Teststand bauen, eine 5-Zylinder Glühautomatik und 2 Liter 4-Takt Saito-Sprit (mit 20% Öl und 20% Nitromethan!!) für Einlauf-/Test beschaffen war das Nächste. Als feststand, dass das Ding keine Macken hatte, es sprang nämlich auf Anhieb an und erreichte mit einem 20x8 Propeller und diesem überfetten Treibstoff über 6800 UPM, fing die Suche nach einem passenden Modell an.
Mit der 1:5.5 Sea Fury von CY-Models hatte ich das Passende gefunden, dachte ich!!!
Jetzt aber fingen die Probleme (siehe Anfangstitel!) nämlich an!

Daten

  Original  Modell 
Hersteller  Hawker Aircraft Cheng Yang Model
Typ Sea Fury FB.11 Sea Fury 1:5.55
Bauperiode 1945-1955 Nov. 2020-ca. Mitte Apr. 2021
Spannweite 11.7 m 2108 mm (83 in)
Rumpflänge  10.6 m 1910 mm (75.2 in)
Flügelfläche 26 m² 84.4 dm² (1308 sq.in)
Gewicht 5670 kg 13.23 Kg (leer) 13.84 kg (flugbereit)
Triebwerk Centaurus XVllC 2480 PS
18 Zyl. Doppelstern 53,64 Liter 
FA-325 R5D 5-Zyl. Stern 3.8 PS
5-Zyl. Stern 53 cm³ Doppelglühung
Hersteller Bristol Aircraft Company Saito

 

 

Bau

Während des Baus wurden laufend immer neue Feststellungen am Bausatz gemacht:

  • Dreiecks-Messung am Leitwerk: Seitenflosse oben/Höhenleitwerkrandbögen Differenz li-re 18 mm (konnte bis auf 5mm Differenz mittels vorsichtiger Erwärmung des Hecks (siehe Bilder) korrigiert werden
  • Seitenflosse schräg zur Rumpflängsachse: Mittels Erwärmung korrigiert (siehe Bilder)
  • Höhenleitwerk Steckrohr im Rumpf schräg gegenüber Seitenflosse eingeharzt: korrigiert (siehe Bilder)
  • Linker und rechter Flügel 0.25° Differenz der EWD: Korrektur durch einharzen von MS-Buchsen in allen 4 neu angepassten Bohrungen der Verdreh-Sicherungen rumpfseitig (siehe Bilder)
  • Bis 3 mm grosse Spalte li und re bei den Rumpf/Flügelübergängen: Korrektur mittels verdicktem Harz (siehe Bilder)
  • Alle Rumpfspanten sind schräg eingebaut (belassen, von aussen nicht sichtbar)
  • Spalte zwischen Rumpfwand und Spanten: Mit verdicktem Harz aufgefüllt (siehe Foto)
  • Sperrholz-Laminatverleimung der Rumpfspanten (leider nicht nur) z.T. ohne Leim!!: Nachgeleimt wo machbar (siehe Foto)
  • Rahmen für die Abdeckungen der Flügel-Servoschächte z.T. schräg oder auch ohne Leim montiert. Auf den Abdeckungen werden ja "nur" die Klappen- und Querruderservos befestigt!:korrigiert (siehe Bilder)
  • Radachsen der Hauptfahrwerke sind in Horizontlage genau auf Höhe des vorderen (165 mm) Schwerpunktes!! Da würden die Propeller vermutlich nicht lange leben! Korrektur durch 7 ° schräg nach vorne gekippten Fahrwerks-Einbau, was aber eine komplette Änderung der Radschächte bedingte (siehe Bilder)
  • Der Treibstofftank liegt gemäss Bauanleitung weit vor dem Schwerpunkt: korrigiert mittels dem Haupttank (550 ccm) im Schwerpunkt und einem Headertank (320 ccm) knapp davor
  • Die beiliegenden Abdeckungen der Positionslichter li-re sind völlig vergilbt, spröde und gerissen: mit Flüssigacryl provisorisch repariert und vorläufig belassen, hatte nämlich langsam genug vom reparieren! (siehe Foto)
  • Anleitung der Verkabelung der Positionslichter falsch, und auch ein nicht ganz perfektes englisch (siehe Foto)
  • Die Abdeckung des Heckrad-Schachtes passte überhaupt nicht: mittels Erwärmung auf 70 °C passend gemacht
  • Alle Spreizlandeklappen haben verzogene Endkanten und passen nicht an die Flügelunterseiten: Mittels erwärmen korrigiert
  • Farbe blättert stellenweise ab: z.T. belasssen
  • Die beiliegenden Ruderanlenk-Gestänge sind zum Teil zu lang, haben "komische" oder überhaupt teilweise gar kein Gewinde: neue Gewinde mit Filière geschnitten und unbrauchbare aus dem eigenen Fundus ersetzt (siehe Bilder)
  • Die Höhenflossen haben bei der Eintrittskante über 1mm auf/ab Spiel (gäbe wohl ein eigenartiges Flugverhalten um die Querachse?!) wegen schräg eingebauten Verdrehsicherungsbolzen und rumpfseitig viel zu grossen Bohrungen: Bolzen parallel zum Steckrohr eingeharzt u. Bohrungen ausgebüchst (siehe Bilder)
  • Auch die tiefgezogene Kabinenhaube ist sehr spröde und hat mittendrin ein kleiner Riss. Mit der Lexan-Schere ist sie nicht zu bearbeiten: Den Riss mit Flüssigacryl verstärkt und ganz, ganz vorsichtig nur mit dem Schleifer bearbeitet

Jemand hat vermutlich auch bemerkt, dass dieser Bausatz ein massiveres Hauptfahrwerk nötig hat, denn mit dem Bausatz wird das Fahrwerk der grösseren ¼ Scale Sea Fury von CY Model geliefert. Das originale, starre und ungefederte Heckfahrwerk mit 33g Gewicht wurde durch ein gefedertes Eigenbau-Heckeinziehfahrwerk mit knapp 50g Gewicht ersetzt. Das Mehrgewicht und das Gewicht des Antriebes (Servo und Kohlenrohrgestänge) wurde durch Verwendung von zwei 13 mm Servos der Höhenruderantriebe anstelle der vorgesehenen 65g schweren Standardservos praktisch ausgeglichen.

Gewichte (g)

ARF-Bausatz    Meine Sea Fury  
Rumpf  4150  5605  mit allen Einbauten 
Flügel links  1130  1805  inkl. Servos, Antriebe und Fahrwerk 
Flügel rechts  1140  1795  inkl, Servos, Antriebe und Fahrwerk 
Höhenleitwerk  360  415  inkl. Servos und Antriebe 
Steckrohre  390  390   
Kleinteile  420      in den Bauteilen inbegriffen (inkl. Elektronik)  
Akkus    540  2x Empfänger, 1x Glühautomatik u. Fahrwerk 
Motor mit Befestigungen    2670  inkl. Propeller und Spinner 
Total  7590  13230   
780 cm³ Treibstoff    616   
Total flugbereit    13846   

Fazit

Dass alle Änderungs- und Reparaturarbeiten am fertig lackierten Modell ausgeführt werden mussten hat die Sache nicht einfacher gemacht! Dieser ganze Bausatz hat eine wirklich miese Qualität und gibt für ein ansprechendes Resultat auch mit nicht optimalem Ergebnis viel, sehr viel (siehe Titel) Arbeit!
Der Hersteller gibt im Prospekt ein Leergewicht von 6.5 kg an. Aber allein der Baukasteninhalt wog jedoch schon 7.59 kg!! Und das ohne Antrieb, Servos, Einziehfahrwerk und Elektronik. "Dank“ der vielen Nacharbeiten rechnete ich so mit einem Leergewicht von mindestens 13 kg!!! Habe von diesem chinesischem Produkt nicht sehr viel erhofft. Dass es aber so schlimm geworden ist habe ich wirklich nicht erwartet. Nach meiner Ansicht ist so was schlicht ein Beschiss am Kunden. Wäre nicht Corona-Zeit, hätte ich diesen für mich ersten und sicher letzten CY- Bausatz dem Händler zurückgegeben. Vielleicht habe ich da aber auch nur einen "Ausreisser" erwischt?
Nun denn: Ich hoffe, dass wenigstens die Flugeigenschaften eine bessere Qualität aufweisen als es die des Bausatzes sind. Ob die 53 cm³ dieses wunderschönen Methanolers wohl reichen? Mit den gemessenen 10.2 kg Standschub bei noch nicht optimal eingestelltem Motor sollte wenigstens der Start eigentlich "originalgetreu" gelingen!? Ein "Blatt im Wind" wird diese Sea Fury aber bestimmt nicht. Bin da nach über 65 Jahren Modellbau aber wirklich gespannt!!!

Sepp Häfliger